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Kritik zu "Ritter Blaubart"


aus: Potsdamer Neueste Nachrichten, 27.6.2001Lustvolles Spektakel mit aktuellen BezügenTheaterensemble des Weinberg - Gymnasiums spielt frisch den "Ritter Blaubart" von Kirsten Graulich Kleinmachnow.  Humor ist auf den Spielplänen deutscher Theaterbühnen eher selten zu finden. Um so erfreulicher, dass ein Laienensemble Anlass zu Hoffnung gibt und wagt, das Leben aus heiterer Perspektive zu sehen. Die elfte Inszenierung des Kleinmachnower Theaters am Weinberg hatte am vergangenem Freitag Premiere. Das Ensemble des Weinberg - Gymnasiums präsentierte die Geschichte vom Frauen mordenden "Ritter Blaubart", frei nach Offenbachs gleichnamiger Operette. Die Schüler Anja Hildenbrand, Andreas Bandow und Robert Lehmann überarbeiteten das Stück unter Anleitung von Kathrin Heilmann, die auch Regie führte. Die Lehrerin für Deutsch und Geschichte leitet das Ensemble seit elf Jahren und wählt auch die jeweiligen Stücke aus. Viel Wert wurde in der jüngsten Inszenierung wieder auf die Ausstattung gelegt. Bei den Kostümen und Perücken dominierten blaue, sandfarbene und violette Töne. Wie wichtig dem Ensemble der Kontakt zum Publikum ist, dokumentierte gleich die erste Szene, in der Brezeln und Rosen an die Zuschauer verteilt wurden, als Verweis auf die bevorstehende Brautwahl im kleinen Markgrafentum von Ritter Blaubart. Ausgelassen und mit derben Späßen beteiligt sich die ganze Bevölkerung des Grafentums an der Wahl der Rosenkönigin, die Blaubarts sechste Frau werden soll. Natürlich wird auch allerlei gemunkelt, er "abwechselt halt ein wenig zu stark". Aber Blaubart fegt alle Bedenken hinweg und bekennt freimütig: "Ich liebe sie alle, ist das nicht das nicht auch moralisch anständig von mir, dass ich sie heirate?". Und die Auserwählte Boulotte, dargestellt von Anja Hildenbrand versichert trotzig, sie habe noch nie Angst vor einem Mann gehabt, ob Ritter oder Knecht. Quirlig und zuweilen naiv schlittert sie in den Ehehafen und erwacht erst als Blaubart ihrer überdrüssig, mit ihr ins dunkle Verlies hinabsteigt.


Natürlich bleibt auch König Bobeche das Treiben des fröhlichen Witwers nicht verborgen. "Wenn Blaubart so weitermacht, ist bald die Grafschaft alle", tönt der König. Er reagiert vor allem so gereizt, weil er täglich mit seiner Frau Ehekrach hat, der in zahllosen Kissenschlachten endet. Deshalb rollen in Bobeches Reich auch des öfteren die Köpfe seiner Minister. Bei dieser natürlichen Auslese ist die Intelligenz bei nachrückenden Amtsträgern eher zufällig verteilt. Einzig der pfiffige Alvarez, gespielt von Julian Krause, tanzt seinem König auf der Nase herum. Auch beim morgendlichen Maßnehmen der krummen Rücken seiner Höflinge, bereitet ihm Alvarez nicht viel Freude. Kein Wunder, dass Bobeche nachts von Albträumen geplagt wird, besonders der von Demokratie wirbelt ihn öfters aus seinem Bett. Es geht turbulent zu in der Gruselgeschichte vom "Ritter Blaubart", die 1866 in Paris uraufgeführt wurde und das Leben am Kaiserhof Napoleons III. parodiert. Gleichzeitig beleuchtet das lustvolle Spektakel auch heutige Rollenverhältnisse von Mann und Frau. Bei den musikalischen Evergreens sang das Publikum teilweise begeistert mit. Robert Lehmann als Bobeche zeigte als zappeliger König nicht nur komisches Talent, auch seine sportlichen Leistungen waren durchaus bemerkenswert. Dagegen blieb die Figur des Blaubart merklich im unteren Temperaturbereich. Nur einmal in der Fechtszene schimmerte ruppiger Charme durch. Nicht nur die Jugendlichkeit der Darsteller verdankt die Inszenierung ihre frische Ausstrahlung, auch die Spielfreude und die Amüsanten Dialoge trugen dazu bei. Die Aufführung ist noch heute und am 29. Juni in den Kammerspielen zu sehen.